Das Osterhasenmädchen
Es war früh am Morgen, die Sonne war gerade erst aufgegangen und der morgentliche Schimmer war von den Blättern der Bäume noch nicht verschwunden. Parva hatte bei einer netten, alte Dame geschlafen, die sie freundlicher Weise aufgenommen hatte. Nach einem sehr ausgiebigen Frühstück verabschiedete sie sich und ging ihrer Wege. Als sie über die große, weite Wiese freudig lief und hüpfte, entdeckte sie es. Ein Ei, so wunderschön bunt und gläzend. Sie hob es vorsichtig auf und ihre Augen strahlten. "Ich hab ein Osterei gefunden", rief sie. Doch es war niemand in der Nähe, der sie hätte hören können. Eine Weile lauschte sie, doch hier war wirklich niemand. Sie sah auf das kleine Ei in ihren Händen und lächelte: "Du bist so wunderschön, es wäre doch schade, wenn du ganz alleine bleibst." Nachdenklich tippte sie sich auf die Unterlippe: "Eigentlich ist ja erst morgen Ostern, wie kommst du nur hier her? Hm... Hmmm... Hmmmm..." Da kam ihr der Gedanke: "Ah der Osterhase muss dich hier verloren haben." Strahlend hielt sie das Ei in die Luft, als wäre es eine goldener Pokal, denn man der Welt präsentieren müsste. Erneut blickte sie nachdenklich auf das Ei: "Aber wenn der Osterhase dich verloren hat, dann fehlt ihm ja jetzt ein Ei." Promt war ihre Entscheidung gefallen, der Osterhase musste her. Nur wie stellte sie das am besten an? Noch nie in ihrem Leben hatte sie eine Person herbei gezaubert und dann gleich den Osterhasen!? Das würde eine Herausforderung werden, aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt. Parva legte das Ei beiseite und versuchte sich einen Spruch zusammen zu reihmen. Sie musste gut überlegen, was sie sagte, sonst würde es nicht funktionieren und selbst dann, war die Chance gering. Eine Reihe von Sprüchen probierte sie aus, aber keiner wollte gelingen. Immer und immer wieder passierte einfach gar nichts. Manchmal ertönte ein Puff und leichter Rauch stieg auf, aber das wars dann auch schon. Eigentlich wollte sie schon aufgeben, doch als die das wunderschöne Ei wieder ansah, setzte sie erneut an. Dieses Mal passierte etwas: Parva begann zu leuchten, ihre Ohren wuchsen und ihr Schwänzchen wurde kleiner, ihre Krallen verschwanden und ihre kleinen spitzen Zähnchen ebenfalls. Das Leuchten verschwand und Parva hing ein riesiges Hasenohr ins Gesicht. Sie streichte es zur Seite und erschrack: "Ich hab mich in einen Hasen verwandelt... ich wollte den Osterhasen herzaubern, nicht mich in einen Hasen verwandeln!" Nicht sicher, ob sie weinen sollte, sah sie sich skeptisch ihre Ohren an: "Was mach ich denn jetzt nur?" Sie ließ sich auf den Boden sinken und sah das kleine, bunte Ei an. "Ich weiß!", rief sie und sprang auf, "Wenn ich schon ein Hase bin, na dann bin ich halt dieses Jahr das Osterhasenmädchen. Ich bin sowieso viel süßer, als der Osterhase." Strahlend hob sie das Ei wieder auf, schnappte sich ihren Besen, stieg auf ihn und flog über die weite grüne Fläche bis zur nächsten Stadt. Schließlich brauchte sie noch einen Korb und viele bunte Ostereier, um überhaupt als Osterhasenmädchen tätig zu werden.
Wärenddessen ist der Osterhase fleißig am Arbeiten. Ihm ist gar nicht aufgefallen, dass ein Ei fehlt. Als er eine Pause einlegt und am Spiegel vorbei geht, weiten sich seine Augen: "OMG! Ich bin ein Puma!!!" Na das könnten ja schöne Ostern werden. Der Osterhase ist nun ein Osterpuma und Parva, die kleine Hexe, möchte Osterhasenmädchen spielen. Wo da wohl die Eier landen und wird der Osterpuma es schaffen alle Eier pünktlich zu verstecken?
Parva ist bereits munter dabei Ostereier zu besorgen. Sie kauft nicht etwa Eier und bemalt diese, dass wäre ja viel zu umständlich. Nein! Sie hat sich erst ein mal einen großen Korb bei einer Obstverkäuferin erbettelt. Als Parva sie mit ihren traurigen Augen anschaute, konnte die Verkäuferin gar nicht mehr sein sagen. Ein paar bunte Ostereier hat sie auch schon und die nächste Zielperson ist bereits in Sicht. Eine junge Füchsin mit ihren beiden Kindern. Parva läuft langsam auf sie zu, ihr Gesicht ganz feucht von den Tränen, die sie herunterlaufen lässt. "Entschuldigen Sie", sagt sie ganz leise. "Was ist den Kleines?", fragt die Füchsin. "Ich würd so gern meinen Freunden eine Freude machen, aber ichhab niemanden der mir hilft. Würden sie mir ein paar Ostereier geben?", schlurzt sie. "Natürlich, natürlich, du armes Ding", bemitleidet die Füchsin sie. Schon hat Parva fünf weitere Ostereier erbeutet. Den ganzen Tag macht Parva so weiter. Zwischendurch bettelt sie mal um essen und trinken, um eine kleine Pause einzulegen. Am Abend ist der Korb übervoll und Parva schafft es kaum noch ihn hochzuheben. "Man ist das eine Arbeit", stellt sie fest.
Als es endlich richtig dunkel ist, schleicht sie sich von Haus zu Haus in die Gärten und versteckt ihre Ostereier. Doch was ist das? Da bewegt sich doch etwas im Dunkeln. Der Osterpuma ist auch bereits unterwegs, allerdings versteckt er die Eier in einem schier unmöglichen Tempo. Als Parva auf ihn zuläuft, bemerkt er sie erst gar nicht und die beiden knallen zusammen. Parva starrt mit offenen Mund auf den Osterpuma: "Bist du... bist du... der Osterhase?" Der Osterpuma nickt: "Jedenfalls war ich das mal, aber sie mich doch an. Was für ein Unglück! Du darfst das niemanden erzählen." Parva beginnt zu kichern und spricht dann erneut einen Zauberspruch. Dieses Mal geht alles gut und Parva wird wieder zum Puma und der Osterhase, ist er selbst. "Du warst das also", stellt der Osterhase verärgert fest. "Entschuldige, ich wollte dir nur diese Ei zurück bringen", erklärt sie verlegen und hält ihm das wunderschöne Osterei entgegen, dass er verloren hatte. Dankend nimmt er es an und schenkt Parva einen großen Schokohasen. Überglücklich lässt sie ihren Korb einfach stehen, verabschiedet sich vom Osterhasen und läuft mit dem leckeren Schokohasen davon.
Der nächste Morgen bricht an, die Kinder beginnen die Ostereier zu suchen. Da hört man sie schon rufen: "Ich hab das erste gefunden!", "Ich hab schon zwei!", "Schau mal wie schön meins ist!" Doch dann erklingt aus den ersten Gärten: "Das sind doch meine Eier!", "Wo ist diese kleine Häsin hin, wenn ich die erwische?!", "Das ist ja wohl eine Frechheit!" Parva lauscht und kichert vor sich hin, denn niemand wird wissen, dass sie die kleine Häsin war und überhaupt: Warum können sie ihre Arbeit denn nicht einfach schätzen!? Das letzte Stück von dem Schokohasen verschwindet in ihrem Mund, dann fliegt sie glücklich mit ihrem Besen davon. "Frohe Ostern!", ruft sie noch und verschwindet in der Ferne.